Der Wiener Dialekt

Wienerisch ist schon ein Dialekt der besonderen Art – lebendig, kreativ und ausdrucksstark. Gespickt mit Worten wie leiwand, Ogrosl und Oida, erschließt sich die Wiener Mundart Touristen allerdings nicht immer sofort.

Nehmen wir doch mal das schöne Wort „leiwand“ – das kann man stellvertretend verwenden für: super, großartig, fantastisch usw. Für das deutsche Ohr verwirrend, weil es sich wie „Leinwand“ anhört. Und rein etymologisch gesehen leitet sich das Wort wohl auch davon ab. Im 15. Jahrhundert erhielt das Wiener Bürgerspital, in dem schon mit Leinen gehandelt wurde, das Braurecht. Das Bier der Leinwandhändler erfreute sich sehr großer Beliebtheit, weil es so gut war. Also „leiwand“ eben. Braucht man noch eine Steigerungsform – noch toller, noch besser – dann setzt man einfach ein „ur“ davor. Ur-leiwand, oder?

Wienerisch ist ein ostmittelbairischer Dialekt und so gesehen haben Bayern gegenüber Nordlichtern einen deutlichen Sprachvorteil. Aber ein Blick auf die Speisekarte genügt, um festzustellen, dass noch viele andere Kulturen im Laufe der Geschichte den Dialekt geprägt haben. Karfiol im Backteig – lecker! Der Karfiol wäre dann der Blumenkohl, abgeleitet von dem italienischen „cavolfiore“. Oder doch lieber Steak mit Speck-Fisolen? Die Beilage ist Speck-Bohnen – leitet sich ab von dem türkischen Wort „fazulye“. Und als Nachspeise Ananas mit Eis. Hierbei handelt es sich nicht um die tropische gelbe Frucht, sondern um Erdbeeren. Ähm. Leitet sich von dem Lateinischen „fragaria x ananassa“ ab. „Fragere“, weil sie so lecker riechen. Und die tropische Ananas (ananas comosus) wäre dann die Hawaiananas. Im Kaffeehaus gibt’s dann eine Melange (Milchkaffee) und auf dem Markt ein Schälchen mit Ogrosl… hinter der leicht-säuerlichen „ribes grossularia“ verbirgt sich nichts anderes als die Stachelbeere. Das muss man sich nicht alles merken – es gibt ein Langenscheidt „Lilliput“ Wörterbuch für Wienerisch. Ansonsten ist auch dieses Online Wörterbuch sehr hilfreich.

 

Seit 1999 wird jedes Jahr das österreichische Wort des Jahres gekürt. Das ist – wie in Deutschland auch – ein Wort, das durch Politik und Medien geprägt wurde. Da gibt es dann so schöne Worte wie „Schweigekanzler“, „Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung“ oder „Audimaxismus“. „Situationselastisch“ aus dem Jahr 2014 ist mittlerweile zu einem geflügelten Wort geworden – und flexibel sind die Wiener wirklich. Anlässlich des 60. Eurovision Song Contests, der im Mai 2015 in Wien stattfand, wurden viele Fußgängerampeln mit Ampelpärchen ausgestattet. Mit hetero- und homosexuellen. Keine Genderdiskussion sondern Toleranz und Weltoffenheit. Situationelastik mit dem Herz am rechten Fleck. Mittlerweilen regeln die Ampelpärchen bereits an 64 Kreuzungen den Fußgängerverkehr – Fashion und Accessoires gibt’s im „Ampelpärchen rocks“  Shop.  

Auch im Wienerischen gibt es ein Universalwort, das so ziemlich auf alles anwendbar ist, nämlich „Oida“. Die Schauspielerin Ewa Placzynska zeigt in ihrem Videotutorial wie man auch als Nicht-Wiener jede Situation souverän meistert.

Oida – des is ur-leiwand!