Glitzer, Kitsch und Schneegestöber in Wien
Ach Wien, du bist so wunderbar! Hier gibt es für uns jedes Jahr etwas Neues zu entdecken – Kulturelles, Kulinarisches und ja, auch Kitschiges. Der Stephansdom und das Sissi Museum, Kaffeehäuser und Heurigen Lokale oder die im 17. Bezirk versteckte Original Wiener Schneekugelmanufaktur.
Wer kennt sie nicht, die Deko-Artikel aus Glas oder mittlerweile Kunststoff mit den kleinen Traumlandschaften, Märchenmotiven und Glücksbringern, die im Glitzer- oder Schneegestöber verschwinden, wenn man die Kugel schüttelt. Bei den beliebten Sammlerstücken kann man entweder in totale Verzückung geraten oder mit den Augen rollen ob des Kitsches. Historisch gesehen gibt es keine Belege über die Entstehung der Schneekugel – kann ja sein, dass ein gewiefter Erfinder eventuell eine Alternative zu den gläsernen Briefbeschwerern schaffen wollte.
Und dann kam die Pariser Weltausstellung im Jahr 1878 – vom 01.05. bis zum 31.10. konnten sich 16 Millionen Besucher die Exponate von über 50.000 Händlern aus 36 Nationen bewundern und bestaunen. Deutschland war übrigens nicht dabei – der deutsch-französische Krieg war ja erst acht Jahre her. Als Neuheit wurde unter anderen
elektrisches Licht vorgestellt. Zu bewundern gab es des Weiteren den Kopf der Freiheitsstatue, einen riesigen Fesselballon und …eine Schneekugel, in der ein kleiner Mann mit aufgespanntem Regenschirm dem Schneegestöber trotzte.
Zu der damaligen Zeit nutzten Handwerker Schusterkugeln, um mehr Licht am Arbeitsplatz zu schaffen – dabei verstärkte und fokussierte der kugelförmige Glaskolben wie eine große Linse das Licht einer dahinter stehenden Öllampe oä. In Wien experimentierte Erwin Perzy I mit eben solchen Schusterkugeln, um eine hellere Lichtquelle für Chirurgen zu entwickeln. Mittels Metallspänen und Gries versuchte er, eine bessere Reflexion zu erzielen. Der schneeartige Effekt führte allerdings zu einer ganz anderen Erfindung – er ließ sich die „Glaskugel mit Schneeeffekt“ patentieren und gründete 1900 die Schneekugelmanufaktur, welche bis heute in Familienbesitz ist.
In dem kleinen Museum in der Schumanngasse kann man sich einen Überblick über den Werdegang der Manufaktur verschaffen, die alten Werkzeuge und Instrumente besichtigen und im Rahmen einer Gruppenführung auch Teile der Produktion. Ein „Winter Wonderland“ auf 50m² mit alten und neuen Motiven in verschiedenen Größen von 40 mm bis 120 mm. Die Original Wiener Schneekugel hat einen Sockel, ist eine richtige Kugel und da der größte Teil in Handarbeit gefertigt ist jedes Stück ein Unikat. Von der „Wir sind Kaiser“ Pinguinkugel, über Minions, Swatch Uhren und Guglhupf im Schnee bis hin zu Ohrklipsen mit Mini-Kugeln. Die „Handwerkskunst direkt vom Erfinder“ erfreut sich weltweit auch großer Beliebtheit und Familie Perzy exportiert in die USA, nach Asien und Australien. Und es gibt natürlich auch einen Verkaufsraum.
Herrlich – mit zwei Schneekugeln im Gepäck geht’s dann weiter zum K.u.K. Hofzuckerbäcker Demel – bei Apfelstrudel und Cappuccino das bunte Treiben in der Fußgängerzone beobachten. Und nächstes Jahr machen wir dann den „Hop on, Hop off“ Bus (oder schauen mal bei Tiffany & Co. vorbei – das wäre ja quasi beim Demel ums Eck).
Mehr Infos zur Schneekugelmanufaktur gibt es hier