Kitesurfen….süchtig nach Meer

 

Da bläst er wieder, der Südoster. Dieser Fallwind, der in den Sommermonaten von der False Bay aus über Kapstadt hinwegfegt, kann dann alles sein von einem lauen Sommerlüftchen bis hin zu einer steifen Brise. Meistens haben wir so ein bis fünf „Windstage“ am Stück und der November ist in der Regel der windigste Monat. Wo eine leichte Brise für Abkühlung sorgt, können Windstärken ab 50 km/h richtig gefährlich sein und dann werden auch mal die Paßstraßen gesperrt: umkippende Busse und LKWs kommen durchaus vor. Im Alltag treibt der „Cape Doctor“ einen schnell in den Wahnsinn – da fegt der Wind tagelang ums Haus, die Dachziegel vom Nachbarn fliegen in den eigenen Garten, und die Fenster macht man schon wegen der end-nervigen Geräuschkulisse lieber nicht auf. Aber es hat ja auch alles etwas Gutes: der Südoster bringt das schöne Wetter, vertreibt den Smog aus der Stadt und bei so vielen Windstagen sind Kapstadt und Umgebung ein Paradies für Kitesurfer.  Ob Witsands, Blouberg oder Langebaan – überall an der Küste sieht man die bunten Schirme über die Wellen gleiten.  

Kitsurfer im Wasser

Im Januar/Februar findet am Blouberg Strand der weltweit größte und schnellste Kitesurf Wettbewerb, das „Red Bull King of the Air“, statt und zieht locker 10.000 Zuschauer. Der erste Extremsport Event dieser Art wurde im Jahr 2000 auf Hawaii abgehalten – und hier ging es nur um die größten und höchsten Sprünge. Aber so wie sich das  Equipment weiterentwickelte, wurde auch mehr an wassernahen Tricks gefeilt als an Sprüngen und das bedeutete letztendlich fünf Jahre später das Aus für „King Of The Air“. Eine neue Generation von Ridern lenkte den Sport Ende der 2000-er wieder in eine andere Richtung – und 2013 kehrte nach acht Jahren Pause auch das „King of the Air“ zurück – diesmal nach Kapstadt. Während eines zweiwöchigen Zeitfensters findet der Event dann an dem idealen Windstag statt – wir reden hier von so 30 Knoten. Dieses Jahr hat Kitesurf-Legende Nick Jacobsen aus Dänemark den Titel für sich geholt. Lasst euch das nicht entgehen, wenn ihr zu der Zeit in Kapstadt seid – es ist ein großer Spaß und eine Hammer-Stimmung am Blouberg Strand.

Das IOC hat für die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio fünf neue Sportarten bewilligt, ua. auch Surfen und Skateboarden – Kitesurfen ist bis dato aber nur eine neue Disziplin bei den Olympischen Jugendspielen 2018 in Buenos Aires. Schade an sich, denn dieser Wassersport gilt als Trendsport mit den größten Zuwachsraten.

Also gut – das wollen wir doch auch gerne mal probieren. Gesagt, getan und bei KiteLab in Langebaan für Unterricht angemeldet. Wieso Langebaan und wieso KiteLab? Ganz einfach: Kapstadt liegt am Atlantik, dh. das Wasser ist kalt. Langebaan hat diese wunderbare ca. 15km lange Lagune mit großem Flachwasserbereich und minimaler Brandungswelle. Soll heißen, das Wasser ist wärmer, man kann stehen und man kommt mit einem 3mm Anzug gut zu recht …als Anfänger ist man dann doch relativ viel im Wasser! Und außerdem ist Langebaan nur eine gute Autostunde entfernt – ist also ein netter Ausflug. Es gibt hier sechs Kitesurf Schulen und KiteLab war eine Empfehlung von Freunden – und eine gute. KiteLab steht für intensive Betreuung in entspannter, familiärer Atmosphäre. Die Instructor kommen aus aller Herren Länder, sind nett (eh klar) und haben alle Geduld der Welt. Danke Kyle, Morne und Lean! Ich kann jedem nur Einzelunterricht ans Herz legen – da kann der Instructor ganz individuell auf euch eingehen. Ist auch definitiv besser für die Beziehung und das Ego. Auf geht‘s: zuerst mit einem Lenkdrachen an den Strand, „Kite Control“ üben und dann langsam aber sicher ins Wasser. Da wird es schon ein bisschen schwieriger mit „Body Drag“ und „Upwind Body Drag“. Schirm oben mit einer Hand halten, mit der anderen Hand das Board ranholen und mit den Füßen drauf. Jeeezus  – einfacher gesagt als getan. Nach dem Muskelkater meines Lebens im Nacken (klar, wenn man immer nach oben schaut), einem fetten Hämatom am Oberschenkel (Facepalm auf den Strand), einem Satz verlorenen Kontaktlinsen (yep – mal wieder ins Wasser gefallen) und ich weiß nicht wie vielen Litern geschluckten Meerwassers, habe ich es endlich auf das Brett geschafft. *wahoooooo* – Arielle, die Meerjungfrau lässt grüßen. Einzig und allein der Seehund, der neben mir paddelt scheint sich königlich zu amüsieren. Hm…..! Das hat schon was, da draußen auf dem Wasser, mit dem Wind und dem Schirm….das macht süchtig nach Meer.

Zu guter Letzt noch etwas unnützes Wissen zum Thema Lenkdrachen: die ersten Drachen kamen im 16. Jahrhundert durch den Handel mit Fernost nach Europa und weckten natürlich auch gleich das Interesse der Wissenschaft und von privaten Erfindern wie George Pocock. Der in Bristol ansässige Lehrer erfand in den 1820ern den „Charvolant“ – eine Kutsche, die von Lenkdrachen gezogen wurde – ziemlich praktisch – denn Maut wurde damals nach Anzahl der Pferde im Gespann berechnet. Er verwendete auch ein vier Leinen System und ließ sich das Ganze 1826 patentieren. Durchsetzen konnte die fliegende Kutsche sich allerdings nicht – bei Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 40 km/h war das Gefährt nicht einfach zu lenken und wenn dann noch so ein gesellschaftlicher Faux-Pas passiert, wie dass man aus Versehen die Kutsche des Herzogs von Gloucester überholt, tja, dann ist alles zu spät…… Und heutzutage wollen wir uns so ein Höllengefährt im Berufsverkehr erst gar nicht vorstellen.  

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Kitesurfer Kapstadt