Skulptur Projekte in Münster
Münster in NRW – Studentenstadt, Fahrradstadt und Museum für Kunst im öffentlichen Raum. Für Skulpturen um genau zu sein. Alle 10 Jahre veranstaltet das LWL Museum für Kunst und Kultur diese Open Air Ausstellung, die neben der Documenta als zweitgrößte Kunstaustellung von internationalem Format gilt. Die Skulptur Projekte fanden erstmals 1977 statt mit dem Ziel mehr Verständnis für zeitgenössische Kunst zu wecken und sie auch einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Seitdem haben die Stadt, der Landschaftsverband und das Museum insgesamt 36 dieser Werke akquiriert, die als permanente Ausstellungsstücke zu bewundern sind und die natürlich auch das Stadtbild nachhaltig prägen. Dieses Jahr stellen insgesamt 35 international renommierte Künstler ihre Werke noch bis zum 01. Oktober aus. Die Halbzeit Bilanz ist mehr als positiv – bis dato wurden an die 350.000 Besucher gezählt.
Wie heißt es so schön im Volksmund? „Entweder regnet es in Münster oder es läuten die Glocken. Geschieht beides gleichzeitig, ist Sonntag“. Kein Wunder, dass es hier so etwas wie Regenschirmautomaten gibt. Aber Glück gehabt – es ist trocken. Wir machen uns auf zum Domplatz und mieten bei „Skulptur Projekte by bike“ Fahrräder, laden noch schnell die App aufs Telefon und begeben uns auf Erkundungstour. Hier in der 300.000 Einwohner Stadt gibt es richtige Fahrrad-Autobahnen und statistisch gesehen hat jeder Münsteraner zwei Drahtesel. Da haben Fußgänger mitunter das Nachsehen. Das Gute ist: die Stadt ist flach, hat keine Steigungen und die meisten Punkte kann man in wenigen Minuten erreichen.
Wir radeln am Museum vorbei. Auf dem Vorplatz steht die Bronzeskulptur „Three Way Piece No. 2“ oder „The Archer“ (der Bogenschütze) des englischen Bildhauers Henry Moore, der maßgeblich die Bildhauerei der Nachkriegszeit prägte. Diese Skulptur wiegt über 3 Tonnen und ist über 3.50 m hoch. Hiervor haben die Künstler Cosima von Bonin und Tom Burr einen Tieflader mit einer Black Box auf der Ladefläche platziert. Witzig – über den Transport von Kunststücken zu Ausstellungsorten macht sich als Konsument ja auch nicht wirklich Gedanken.
Die „Giant Pool Balls“ an den Aaseeterrassen sind ein permanentes Ausstellungsstück. Sie wurden 1977 für die ersten Skulptur Projekte von Claes Oldenburg geschaffen, der ja neben Warhol und Lichtenstein zu den bedeutendsten Vertretern der amerikanischen Pop Art zählt. Die Kugeln haben jeweils einen Durchmesser von 3.5m und wiegen 11 Tonnen. Und die Anordnung entspricht….genau: einer Billardkonstellation. Die Münsteraner waren anfangs gar nicht so begeistert – vermuteten sie doch Atomeier. Studenten versuchten sogar die Kugeln mit Stangen auszuhebeln und in den See zu rollen. Wie dem auch sei, heute kann man sich die Kugeln aus dem Stadtbild nicht mehr wegdenken.
Ebenfalls am Aasee, die „Antenne“ des ukrainischen Künstlers Ilya Kabakov aus dem Jahr 1997. Ein Sendemast als Zeichen für Kommunikation und wohl auch die Aufforderung, sich ab und zu dem tagtäglichen Trott zu entziehen und die kleinen Dinge des Lebens zu genießen. Schaut man genauer hin, kann man Buchstaben in den Querstreben erkennen – „Mein Lieber! Du liegst im Gras, den Kopf im Nacken, um dich herum keine Menschenseele, du hörst nur den Wind und schaust hinauf in den offenen Himmel – in das Blau dort oben, wo die Wolken ziehen – das ist vielleicht das Schönste, was du im Leben getan und gesehen hast.“ Dem braucht man nichts mehr hinzuzufügen.
Kleine Abkühlung gefällig? Der Aasee hat Blaualgenbefall – also, auf zum Binnenhafen , denn hier kann man im wahrsten Sinne des Wortes über Wasser gehen. Die Künstlerin Ayse Erkmen hat den Nordkai mit den Cafes, Bars und Restaurants mittels einer diagonalen Wasserbrücke aus versenkten Containern mit dem eher industriellen Südkai verbunden. Na denn: Schuhe aus, Hose hochkrempeln und auf zu neuen Ufern. Ein absolutes Highlight für jung und alt – kühles Nass inklusive kleiner Fische, die zwischen den Füßen hin- und herschwimmen und Enten, die nebenher paddeln.
Unsere letzte Station ist „Sketch For a Fountain“ (Skizze für einen Brunnen) von der amerikanischen Künstlerin Nicole Eisenmann. Ein Brunnen mit fünf übergroßen Gips- beziehungsweise Bronzestatuen mitten auf der Promenade am Kreuztor. Man kann die Figuren nicht eindeutig als männlich oder weiblich einordnen – so oder so, die Figuren scheinen das Leben in entspannter Atmosphäre zu genießen. Der Brunnen als sozialer Treffpunkt – aber ohne Glanz und Gloria. Und das ist auch heute so – hier stehen viele Leute, die über das Kunstwerk debattieren. Irgendjemanden gefällt dieses Kunstwerk jedoch nicht – denn einer Gipsfigur wurde der Kopf abgeschlagen. Schade an sich.
Wir geben die Räder zurück und gehen dann entspannt am Hafen zum Abendessen. Hier gibt es ja an jeder Ecke kleine witzige Lokale und auch eine Beach-Bar, die sparen wir uns aber heute. Jap, in Münster kann man es durchaus aushalten und sich wohlfühlen – ist ja auch nicht umsonst mit 50.000+ Studis die achtgrößte Studentenstadt in Deutschland.
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