Wasser sparen in Kapstadt
Die 1997 in Kraft getretene Verfassung Südafrikas gewährleistet in Kapitel 2 einen umfangreichen Grundrechtekatalog. So ist beispielsweise in Paragraph 27 das Recht auf Zugang zu ausreichend Wasser verankert und dem Staat wird die Verantwortung für die Realisierung übertragen. Nun ist Südafrika aber ein wasserarmes Land mit saisonalen Niederschlägen und zählt du den 30
trockensten Ländern der Erde. Wasserverbrauch und –bedarf steigen kontinuierlich bedingt durch Bevölkerungszuwachs, einen steigenden Lebensstandard und Industrialisierung. Nach Einschätzung der „2030 Water Resources Group“ wird die Kapregion bereits 2030 eine Versorgungslücke von 17% haben.
Naja, aber Kapstadt hat ja so viele Staudämme und ansonsten muss man halt mal in Entsalzungsanlagen investieren – Israel gewinnt so schließlich auch 55% des Trinkwassers. Stimmt’s? Nein, so einfach ist da
s alles nicht.
Kapstadt hat bereits 2007 eine umfassendes Programm zur Erhaltung der Wasservorkommen und zur Vermeidung von Engpässen („Water Conservation and Water Demand Management“) initiiert. Ziel hierbei ist es die Bevölkerung mit ausreichend Trinkwasser zu versorgen, Wasserverluste einzudämmen und vor allen Dingen auch Wasserverschwendung zu vermeiden. Ein ambitioniertes Programm. Marode Leitungen, illegal abgezapftes Wasser, veraltete Zähler sorgten für Wasserverluste von über 30%. Eingeleitete Maßnahmen wie der Austausch von Zählern und Leitungen (bis dato weit mehr als 40% des insgesamt 630 km umfassenden Netzes), sowie Druckmanagement und Identifizierung von Stadtgebieten mit hohem Verbrauch und Sensibilisierung der Öffentlichkeit (Schule, Haustürkampagnen, Medien) haben Wirkung gezeigt: die Stadt hat im Jahr 2015 genauso viel Wasser verbraucht wie im Jahr 2000 – trotz Bevölkerungszunahme. Für dieses Programm wurde die Stadt Kapstadt 2015 von dem globalen Städtezusammenschluss C40 für „Umsetzung von Anpassungsfähigkeit“ ausgezeichnet. Das 2005 gegründete Netzwerk setzt auf die Kooperation und Zusammenarbeit der Megastädte, um die Ziele der Klimakonferenzen umzusetzen, Emissionen zu reduzieren und nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen zu gewährleisten. Kapstadt ist ebenfalls Mitglied im ICLEI (International Council for Local Environmental Initiatives) – einem internationalen Städteverband für Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung. Unter dem Motto „Let’s face Climate Change together“ ist dann 2015 auch eine Klimapartnerschaft zwischen München und Kapstadt entstanden mit dem Ziel, Kooperationen in fünf Bereichen umzusetzen, wie zum Beispiel „regenerative Energien“ und „nachhaltige Umgestaltung von Flusssystemen“.
Weitere Projekte der Stadt um die Wasserzufuhr langfristig und nachhaltig zu sichern sind unter anderem der Ausbau des Voelvlei Dammes und den Tafelberg Aquifer (Grundwasserleiter) anzuzapfen. Um diese Projekte umzusetzen, braucht man aber Zeit. Das Voelvlei Damm Projekt wird frühestens 2021 fertiggestellt. Für das Tafelberg Aquifer Projekt, das bereits 2002 ins Leben gerufen worden ist, laufen Planungen für die Pilotphase seit 2015. Es geht natürlich auch darum, nachhaltige Lösungen zu finden, die das ökologische Gleichgewicht nicht zerstören. Der Bau einer Entsalzungsanlage mit einer täglichen Produktion von 450.000 m³ Wasser ist vorerst auf Eis gelegt worden nachdem die Kosten für den auf Bau ZAR 16.5 Milliarden (ca. EUR 1.1 Milliarden) beziffert wurden. Und dann darf man auch nicht vergessen, dass Entsalzungsanlagen richtige Energiefresser sind und wir ja auch ein Problem mit der Stromversorgung haben – insgesamt würde das Wasser teurer werden.
Die Stadt Kapstadt tut also viel und plant und investiert zukunftsorientiert. Es besteht aber trotzdem noch sehr viel Handlungsbedarf. Zum Beispiel in den Townships – denn, wenn Wasser nichts kostet ist auch keine Wertschätzung da. Das Ziel des WCWDM (Water Conservation and Water Demand Management), die Wasserverluste auf unter 15% zu senken, muss erreicht werden. Wasserrückgewinnung wird auch ein Thema werden: derzeit werden nur ca. 6% gereinigtes Wasser zum Bewässern von Golfplätzen, Schulgeländen und Parks verwendet.
Das ausgeklügelte Wassersystem Kapstadts, welches zu 98% aus Oberflächenwasser gespeist wird, umfasst 14 Staudämme (sechs Hauptdämme) mit einem Gesamtfassungsvermögen von 898 Millionen m³ – die Stadt verbraucht hiervon ca. 399 Millionen m³ pro Jahr. Und wenn es in den Wintermonaten nicht genügend regnet, sinkt der Wasserstand schnell und rapide. Hatten die Dämme 2014 noch einen Wasserstand von 90%, lag er 2015 bei 77%. Ende 2016 war der Stand nur noch bei 69% und jetzt im Februar 2017 ist er auf 35% abgesunken. El Nino und der Klimawandel machen uns hier die Hölle heiß. Sinken die Wasserstände auf unter 20%, wird auch irgendwann die Wasserqualität leiden. Wie katastrophal sich all dies auf die Landwirtschaft auswirkt, merken wir jetzt schon, denn die Lebensmittelpreise steigen sukzessive an.
Jeder ist angewiesen, sparsam mit dem kostbaren Nass umzugehen und die Stadt hat drastische Maßnahmen ergriffen. Die Wasserpreise, die exponentiell zu dem Verbrauch steigen, klettern stetig nach oben und es gelten seit dem 01. Februar „Water Restrictions Level 3b“ (Einsparungsmaßnahmen Level 3b). Soll heißen, es muss 30% weniger Wasser konsumiert werden. Die Liste der von der Stadt vorgegebenen Einschränkungen ist lang, aber bitter notwendig.
Bis zum Beginn der regenreichen Zeit sind es noch über drei Monate. Aber selbst wenn es im Winter ausreichend und kräftig regnet, wird es bei den derzeitigen Wasserständen zwischen ein und drei Jahre dauern bis die Dämme wieder voll sind. Die Einsparungsmaßnahmen und die höheren Preise werden also bis auf weiteres bleiben. Zwischendrin regnet es immer mal wieder ein bisschen – das ist noch lange nicht ausreichend – aber es besteht Hoffnung!