Day Zero Kapstadt: 16.04.2018

Day Zero – was für ein Horror-Szenario. Und ja, wir haben auch alle Schiss. „Fear“ kann zwei Sachen bedeuten: „Forget Everything and Run“ oder „Face Everything and Rise“.  Im übertragenen Sinn:  „Nimm die Beine in die Hand und lauf“ oder „Stell dich der Herausforderung und wachse daran“. Momentan herrscht überall erst mal operative Hektik. Während die Medien sich überschlagen, hamstern die Kapstädter. Und dann wären da noch Verschwörungstheorien, homophobe Pastoren und ach ja, die Cape Town Cycle Tour mit 35.000 Teilnehmern im März.

Mmusi Maimane, der Parteivorsitzende der DA, verteilte am Wochenende medienwirksam Wassereimer in der Stadt. Und die DA ist fest entschlossen, Patricia De Lille als Bürgermeisterin abzusetzen. Bei dem ganzen Politgerangel zwischen DA, ANC und EFF wird sich zeigen, ob und wie schnell das geht. Verschwörungstheorien machen sich breit. Zum Beispiel, dass es keine Wasserkrise gibt, dass alles nur Taktik ist, um die Wasserpreise nach oben zu treiben. Ein Blick in den Theeswaterkloof Damm bei Franschhoek genügt. Da drinnen staubt es – der Damm ist so gut wie leer. Mit einem Fassungsvermögen von 480 Millionen Kubik liefert dieser Damm 41% des Wassers für Kapstadt. Und dann wäre da noch Pastor Oscar Bougardt, der behauptet die Dürre sei eine Gottesstrafe. Wegen der LGBTQ Community und weil Kapstadt überhaupt ein Sündenpfuhl ist. Ach so. Da kann man ja nur hoffen, dass nach der „Alien and UFO Expo“, die vom 09.02. – 18.02. in Johannesburg stattfindet, nicht noch eine Alien Theorie die Runde macht.

Die Stadt hat einen neuen Krisenstab zusammengestellt unter dem Vorsitz von Ian Neilson, der gleich vier Tage nach Amtsantritt in einem Interview mit News24 vor allem durch Ahnunglosigkeit geglänzt hat. Die einzig sinnvolle Information gab es diese Woche von JP Smith, dem Schutz- und Sicherheitsbeauftragten für Kapstadt. Insgesamt wird es weniger als 200 PODs („points of distribution“ oder Wasserstationen) geben. Man darf für jeweils vier Personen Wasser holen und benötigt dazu keinen ID (Ausweis). An jeder Wasserstation soll es 50 – 600 Zapfhähne geben. Und es wird sehr „unangenehm“ werden. Wohl ein Euphemismus für „absolut chaotisch“. Vermutlich für drei Monate. Aber genau sagen kann das natürlich keiner. Kosten für den Steuerzahler: geschätzte R 200 Millionen.

Die Kapstädter sind zwischenzeitlich in Bewegung gekommen, sparen Wasser und hamstern. Wasser in 5L Containern – ausverkauft. Schubkarren, Rollwagen, Trolleys – ausverkauft. JoJo Tanks (Regenwassertanks) – ausverkauft. Wasseraufbereitungstabletten – ausverkauft.  Die Water Shedding Gruppe auf Facebook hat in der vergangenen Woche einen Zulauf von mehr als 10.000 neuen Mitgliedern gehabt und #gatvol scheint das Hashtag der Stunde zu sein. Schnauze voll. Und zwar gestrichen voll. Aber die Erkenntnis, dass wir Day Zero nur dann vermeiden können, wenn alle ihren Beitrag leisten, sickert durch. Man hilft den anderen in der Supermarktschlange beim Wuchten von Wassercontainern, tauscht Tipps und Ideen aus und setzt sich mal wieder mit den Nachbarn zusammen. Super – alte Bekanntschaften auffrischen, neue Leute kennenlernen, über die Politik wettern. Und einfach mal mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. Das alles zeigt Wirkung:  in der letzten Woche hat die Stadt deutlich weniger Wasser verbraucht – wir sind jetzt bei 580 Millionen Litern pro Tag. Day Zero ist um vier Tage nach hinten gerückt. Leichtes Aufatmen und weiter sparen, sparen, sparen.

Ein großes Dankeschön an NGOs wie Gift of the Givers, Mineralwasserabfüller wie Aquella und alle anderen kleinen Organisationen und Privatpersonen in ganz Südafrika, die Wasserspenden und die Cape Town Water Drives organisieren. Die Unterstützung für Kapstadt ist überwältigend. Dieses Wasser geht vorrangig an Schulen, Tierheime, Seniorenresidenzen. Auch die Veranstalter der Cape Town Cycle Tour – einem Charity Radrennen – zielen auf „Fußabdruck Null“ für den Wasserverbrauch. So wird es beispielsweise an der Ziellinie keine Duschen geben und ein Teil des Gewinns wird nicht an gemeinnützige Organisationen gespendet sondern dafür verwendet, um 2 Millionen Liter Wasser anderorts zu kaufen und wieder in das Wassersystem einzuspeisen. Das ist die geschätzte Wassermenge, die die Radler während ihres Aufenthaltes in Kapstadt und in ihren Unterkünften verbrauchen werden.

tick tack – Tick Tack – TICK TACK