Kapstadts Museum für Gegenwartskunst

Ende September letzten Jahres hat das Zeitz MOCAA im Silo-District an der Waterfront seine Türen geöffnet. Und das erste Museum für afrikanische Gegenwartskunst ist in jeder Hinsicht spektakulär und einzigartig: die Location, das Projekt und die Kunst. Die Location: ein umgebauter historischer Getreidespeicher an der Waterfront. Das Projekt: eine Non-Profit Partnerschaft zwischen der V&A Waterfront und Ex-Puma-Chef Jochen Zeitz. Die Kunst: keine Kunstgeschichte, sondern Afrika aus dem Blickwinkel zeitgenössischer Künstler.

Als 1988 die Entscheidung getroffen wurde, das Werft- und Hafenviertel um die historischen Victoria und Alfred Becken zu renovieren, konnte sicherlich noch keiner ahnen, dass die Waterfront sich zu Kapstadts Touristenattraktion Nummer eins entwickeln würde.  Das Einkaufsparadies mit 450 Läden, 80 Restaurants, einem Riesenrad „made in Munich“, traumhaften Blick auf den Tafelberg und über den Yachthafen begrüßt mittlerweile jährlich an die 24 Millionen Besucher.

Anfang der 1990er war das „Silo“, sprich der Getreidespeicher, noch in Betrieb und hat das Bild des Hafenareals dominiert. Das Speichergebäude bestehend aus 42 Betonröhren mit 30m Höhe und einem Förderturm von 57m Höhe wurde 1924 nach einer dreijährigen Bauzeit in Betrieb genommen. Der Betonturm war zu der Zeit das höchste Gebäude im südlichen Afrika – gut sichtbar von Land und vom Meer aus.  Insgesamt konnten hier 30.000 Tonnen Mais aber auch Weizen, Soja und Hirse sortiert, gereinigt, gelagert und für den Export verpackt werden. Das Kapstädter Silo war wesentlicher Teil eines großen, landesweit vernetzten Systems bestehend aus 34 Speichern verbunden durch Schienenverkehr und mit noch einem weiteren Hafenspeicher in Durban. Mit Ende der Apartheid wurde 1995 die letzte Getreideladung verschifft; 2001 wurde der Betrieb stillgelegt.

Lange war die Betreibergesellschaft der Waterfront unschlüssig, was mit dem gelben Industriekoloss geschehen sollte. So konnte man zunächst auf dem Gelände günstig parken für R10 am Tag, Tauben und streunende Katze inklusive. Als David Green im Jahr 2009 den Posten des CEO übernahm, entstand die Idee, ein Museum auf dem alten Gelände zu errichten.

Der Londoner Stararchitekt Thomas Heatherwick war begeistert von dem Projekt und wurde mit dem Umbau des Silos beauftragt. Ein Mammutprojekt für relativ „kleines“ Geld – ca. EUR 30 Millionen hat die Waterfront investiert. Ziel war es, den industriellen Charakter des Getreidespeichers zu erhalten. Keine einfache Aufgabe, denn wo ist den 5.5m breiten Betonröhren Platz für die Galerien? Heatherwicks Idee: Raum schaffen durch Aufschneiden der Röhren. Und zwar nicht geradlinig, sondern ellipsenförmig – den Konturen eines überdimensionalen Maiskorns nachempfunden in Anknüpfung an den historischen Hintergrund des Gebäudes. Das Ergebnis nach dreieinhalb jähriger Bauzeit: ein 27m hohes, lichtdurchflutetes Atrium mit zwei Aufzügen und einer Wendeltreppe in den am Rand angeordneten Röhren. Neun Stockwerke mit 6000 m² Ausstellungsfläche für 80 Galerien. Ein Skulpturengarten auf dem Dach. Und das 5 Sterne Hotel „The Silo“ in dem alten Förderturm.  Die perfekte Metamorphose vom Getreidesilo zur Kunstkathedrale.

 

Als Partner kam der ehemalige Puma-CEO Jochen Zeitz an Bord und hat seine Privatsammlung afrikanischer Kunst dem Museum als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Zeitz hat seine Sammlung seit Anfang der 2000er zusammengestellt und dementsprechend sind hier nur Werke aus dem 21. Jahrhundert ausgestellt. Keine Kunstgeschichte, sondern das neue Afrika aus dem Blickwinkel junger Künstler. Die Themen sind oft politisch, beschäftigen sich mit Korruption und Machtgier, der Rolle der Frau und auch mit den Nachwirkungen der Kolonialisierung. Auffallend sind die vielen raumfüllenden Installationen und auch, dass Fotografie und Videokunst sich zu wichtigen Medien der afrikanischen Kunst entwickelt haben. Die Namen der meisten hier ausgestellten Künstler werden Europäern nichts sagen. William Kentridge – vielleicht. Aber Lungiswa Gqunta? Banele Khoza? Cyrus Kabiru? Und das macht es ja auch so interessant, denn das Museum sieht sich ja als Plattform für junge Künstler. Die Zeitz Sammlung ist das Herzstück des Museums – Ziel ist es jedoch auch Wechselausstellungen von anderen Sammlern und mit anderen Museen zu organisieren. Es bleibt abzuwarten, wie sich das weiterentwickelt, nachdem der Museumsdirektor und -kurator, Mark Coetzee, diese Woche seinen Hut genommen hat. Coetzee war auch langjähriger Berater von Jochen Zeitz.

Ticketpreis: R 180 pro Person. Freier Eintritt für unter 18-jährige. Dienstags geschlossen. Mittwochs zwischen 10:00 und 13:00 freier Eintritt für alle mit einem afrikanischen Ausweis.

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