Die (neue alte) Energiekrise in Südafrika
Pünktlich zum Beginn der Sommersaison wurden die Wasserrestriktionen am 01.12. auf Level 3 gelockert. Im Klartext heißt das, dass jeder jetzt 105L Wasser am Tag verbrauchen darf, die Gärten an bestimmten Tagen zu bestimmten Uhrzeiten bewässert werden dürfen und die Pools auch aufgefüllt werden dürfen, solange sie mit einem Cover abgedeckt werden können. Jubel auf der einen Seite, völliges Unverständnis auf der anderen Seite. Waren wir im September noch bei 50L Wasser pro Person, so sind wir jetzt auf einmal bei der dreifachen Menge. Der Tag-Null-Schock sitzt noch tief und so ist denn auch der von Pessimisten erwartete verschwenderische Anstieg im Wasserverbrauch ausgeblieben. Die Kapstädter sparen noch immer Wasser. Stellt sich nun die Frage, warum die Wasserrestriktionen auf einmal so großzügig gelockert wurden. Zum einen ist der Tourismus mit der Wasserkrise massiv zurückgegangen und man erhofft sich eine Erholung des Sektors und zum andern wurde Anfang Dezember „Load-Shedding“ angekündigt. Zuckerbrot und Peitsche sozusagen. Und was ist jetzt „Load-Shedding“? Ganz banal: Stromrationierung. Der staatliche Stromversorger ESKOM („Electricity Supply Commission“) ist für 95% der Stromversorgung verantwortlich und wenn ESKOM der Nachfrage nicht mehr nachkommen kann, findet eine Rationierung statt. Es gibt „Stage“ 1, 2 und 3 und es wird abwechselnd in verschiedenen Stadtteilen („Areas“) nach einem vorgegebenen Stundenplan der Strom abgeschaltet. Bei Stage 1 für 2.5 Stunden, bei Stage 2 für zweimal 2.5 Stunden und bei Stage 3 für dreimal 2.5 Stunden. Und das nicht nur in Kapstadt sondern landesweit. Eine absolute Katastrophe für die Wirtschaft. Camps Bay, Seapoint und Tamboerskloof sind zusammen „Area 7“ – wenn bei uns der Strom beispielsweise zwischen 10:00 und 12:30 abgeschaltet wird, trifft hauptsächlich Kleinunternehmer wie Frisöre, Wäschereien, Boutiquen und Restaurants und Cafés. Krankenhäuser werden verschont, aber auch Ampelanlagen und andere Straßenverkehrslichter funktionieren nicht. Planwirtschaft also im Energiesektor. Wieso eigentlich? Offiziell heißt es, dass man aufgrund von Wartungsarbeiten der Nachfrage nicht nachkommen kann. Und um das eben „fair“ für alle zu gestalten gibt es Stromrationierung. Ah ja. Ist ja auch nicht das erste Mal: 2008, 2014, 2015 und eben jetzt. Das ehemalige Staatsoberhaupt, Jacob Zuma, hatte auch schnell einen Sündenbock ausgemacht: Apartheid. Weil das Stromsystem für die herrschende Rasse ausgelegt war und nicht für die breite Masse. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber Apartheid ist nun auch seit 24 Jahren vorbei. Und hier spielen wohl eher Fehlentscheidungen und -planungen eine große Rolle. Thabo Mbeki hatte Ende der 1990er auf Privatisierung im Energiesektor gesetzt und ESKOM wurden kaum Gelder für neue Projekte bewilligt. Rund zwei Drittel des erzeugten Stroms werden für den Bergbau verwendet und der Strompreis wird niedrig gehalten, um Anreize in diesem Sektor zu schaffen. Wenig bis kein Profit macht es wiederum für Investoren uninteressant. Ab circa 2004 wurde dann gegengesteuert. Für den Bau eines Kraftwerkes werden ca. sieben Jahre veranschlagt, hinzu kommen Streiks, Korruption und Fehlplanungen. Nicht zu vergessen: in Südafrika gilt das Gleichstellungsgesetz „BEE“ („Black Economic Empowerment“), um Schwarzen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Nach diesem Gleichstellungsgesetz müssen Mitarbeiter entsprechend der Demographie des Landes eingestellt werden, sprich 80% Schwarze. Das hat nicht immer etwas mit gesetzten Standards und notwendigen Skill-Sets zu tun. Es wird auch gemunkelt, dass der ein oder andere ANC Geldgeber am Bergbau beteiligt ist. Fließende Grenzen also zwischen Wirtschaft und Politik, eine veraltete Infrastruktur und Fachkräftemangel. Und wie sieht der Notfallplan aus? ESKOM sind jetzt R 11.5 Milliarden (ca. EUR 1 Milliarde) zugestanden worden, um in den nächsten 12 Monaten das marode System auf Vordermann zu bringen. Load-Shedding wird uns wohl noch eine Weile begleiten – bis März 2019 heißt es offiziell. Na dann, kein Netflix oder Facebook sondern Karten- und Brettspiele bei LED Kerzen und Solarlaternen. Hat doch aus was Romantisches! Und damit man nicht so ganz unvorbereitet ist, kann man sich die „Load Shedding Notifier“ App im Playstore herunterladen. Hello, darkness my old friend…..