Punkt 16 Uhr und der Strom ist aus. Zum dritten Mal heute. Das wird schätzungsweise bis 18:30 dauern. Seit 2007, also seit über 14 Jahren, ist „Load Shedding“ ein fester Bestandteil des südafrikanischen Alltags. Da wird dann für jeweils zweieinhalb Stunden der Strom in bestimmten Stadtteilen abgeschaltet, um das Stromnetz zu entlasten und einen landesweiten Blackout zu verhindern. Hier in Südafrika ist die Nachfrage an Strom größer als das Angebot. Und es sieht leider auch nicht so aus, als gäbe es kurzfristige Lösungen.  

Im App Store gibt es die „Eskom Se Push“ App – man gibt seine „Area“ ein, und bekommt dann entsprechend eine Benachrichtigung, wenn das nächste Load Shedding ansteht. Alternativ kann man natürlich auch auf der Website von der Stadt nachschauen. Das hilft zumindest bei der Planung für Zoom Meetings, Emails und Kaffeepausen. Für kleine Geschäfte allerdings eine Katastrophe. Ich sage nur: Frisör, Café oder Registrierkasse. Die Liste geht schier endlos weiter, und man kann sich auch nicht wirklich darauf einstellen, weil sich der „Stundenplan“ für das Load Shedding auch permanent ändert. Experten gehen davon aus, dass der finanzielle Schaden für die Wirtschaft sich auf R 17 Millionen pro Stunde beläuft (Quelle: sabcnews.com/09.06.2021).

Vereinfacht gesagt läuft das folgendermaßen: Eskom verkauft Strom an die Städte, die dann wiederum an den Endverbraucher weiterverkaufen. Eskom sagt an, wann wieviel Strom eingespart werden muss, und dann sind die Stadtverwaltungen gefragt. Mittlerweilen haben wir acht „Load Shedding Stages“ und für jede Stage muss eine Art „Stundenplan“ für die einzelnen Stadtteile entworfen werden. Derzeit haben wir „Stage 4“ und drei Mal am Tag Stromausfall. Den meisten Menschen wird es vermutlich egal sein, wenn nachts zwischen Mitternacht und 02:30 der Strom weg ist, aber zur Kernarbeitszeit ist das nicht so lustig. Und es ist auch dann kein Spaß, wenn in der Rush Hour die Ampeln nicht funktionieren. Deswegen wird dieser „Stundenplan“ auch rotiert, dass es für alle ein bisschen „fairer“ ist. Übrigens: Camps Bay und Sea Point sind „Area 7“.

Und woran liegts? Oooh – long story. Wirtschaftswissenschaftler regen seit 1994 an, das Stromnetz auszubauen, auf alternative Energiequellen zu setzen, die Veränderung und den Wandel der Demografie im Auge zu behalten, wie auch den erhöhten Bedarf einer schnell wachsenden Wirtschaft. Südafrika setzt immer noch auf Kohlekraftwerke…an Medupi und Kusile wird seit 2007 gebaut, bei beiden Projekten ist das Budget bereits um Milliarden überzogen. Fertigstellung eventuell 2025. Dazu kommen mangelhafte Wartung, Korruption sowie Unterwanderung des Staates („state capture“) während der Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Zuma. Nicht zu vergessen, die Außenstände, die verschiedene Städte und Gemeinden bei Eskom haben: R 35 Milliarden (Quelle: iol.co.za/02.09.2021).

Und wenn es das nächste Mal regnet und die Kohle nass wird, oder wenn es sich Quallen gemütlich machen in der Kühlwasserpumpe von Koeberg, dann gibt es wieder Load Shedding. Also, kein Abend mit den Peaky Blinders, aber vielleicht ein „romantic evening“ mit Solarlampen. Die gibt es nämlich doch ziemlich überall zu kaufen und die sind echt praktisch.

Alle Bilder: Unsplash.com (Titelbild: Andrew Bui, mittleres Bild: Skye-Studios, Schlussbild: Christian Dubovan)