Die Kunene Expedition

Der circa 1200 km lange Kunene Fluss ist einer von fünf ganzjährig wasserführenden Flüssen in Namibia. Er entspringt dem Hochland Angolas, schlängelt sich dann runter bis Ruacana, fliesst in westlicher Richtung weiter und bildet ab hier auch die natürliche Grenze zwischen Namibia und Angola bis er in den Atlantik mündet. Wasser ist Leben und so ist der Kunene von sattem Grün gesäumt: Baobab Bäume, Feigen und diverse Palmen wie z.B. die Makali-Palme, aus deren Nüssen gerne Schlüsselanhänger gefertigt werden.  Aber auch Krokodile fühlen sich hier mehr als wohl – so viel zur Bauernweisheit, dass es nur in Flüssen, die in den Indischen Ozean münden, Krokodile gibt. So grün auch das Flussufer ist, so karg ist die Kunene Region südlich davon: felsig und bergig – überwältigend schön und ursprünglich aber auch eines der wenigsten besiedelten Gebiete Namibias.  Hier leben die Himba, das letzte halbnomadische Volk Namibias. Wüstenelefanten gibt es und auch Nashörner. Klar, hier wollen wir hin! Zu den Wasserfällen von Ruacana und Epupa und natürlich wollen wir uns auch das ultimative Off-Road Abenteuer, den  „Van Zyls Pass“, geben.

Information gibt es reichlich wenig – ein paar Videos auf YouTube und Artikel in Off-Road Magazinen wie „Drive Out“ und „4×4“. Ein Blick auf die Karte von „Tracks4Africa“ macht schnell klar, dass es wenig bis keine Tankstellen gibt, die Straßen abenteuerlich sind und dass es vermutlich nur kleine Läden mit eingeschränktem Sortiment gibt. Yebo, ein richtiges Abenteuer!

Wir starten von Tsumeb aus, das circa 400km nördlich von Windhoek liegt. In dem 20.000 Einwohner Städtchen decken wir uns mit Proviant ein, lassen nochmal waschen und tanken auf. Dann geht’s los – wir mit unserem Fortuna samt Anhänger und unser Freund Wredo mit seinem Landcruiser „Heinrich“, den er von Deutschland nach Südafrika verschifft hat.  Die Straße nach Ruacana ist neu gemacht und lässt sich gut fahren – die Ortschaften Ondangwa und Oshakati scheinen direkt in einander überzugehen. Tankstellen und große Shopping Malls mit Supermärkten – wir hätten uns in Tsumeb gar nicht so stressen müssen. Aber weiß man’s? In Ruacana tanken wir noch mal voll und das ist auch gut so, denn das ist tatsächlich die letzte offizielle Tankstelle für die nächsten 10 Tage, in denen wir eine Strecke von gut 1200 km zurücklegen. Die Ruacana Fälle sind in der Regenzeit sicherlich mehr als beeindruckend – sie stürzen über 100m tief  in eine 1000m breite Schlucht. An diesem Tag ist davon nicht viel zu sehen – in dem Ruacana Wasserkraftwerk wird das Flusswasser zur Stromerzeugung verwendet. Ein bisschen Vorsicht hier beim Fotografieren – in Namibia ist das Fotografieren an den Grenzen und von militärischen und offiziellen Einrichtungen verboten – und auch hier bei dem Wasserkraftwerk steht ein Verbotsschild. Wir campen an der Kunene River Lodge, einer wunderschönen Oase direkt am Fluss. Auf meine Frage, wie es denn hier mit Krokodilen ausschaut, bekomme ich als Antwort, dass die Krokodile nur auf der Angola Seite an Land gehen, weil sie Angst vor Leuten haben. Na gut, dann hätten wir das auch geklärt! Wir bleiben zwei  Nächte, genießen die Tatsache, dass es ein Restaurant gibt, Strom und Internet.

Die Pad von Ruacana nach Epupa ist ebenfalls neu gemacht – für diese Strecke konnte man vor nicht allzu langer Zeit noch 10 – 12 Stunden einplanen – mit der neuen Strecke ist das in vier Stunden zu bewältigen. In der Epupa Falls Lodge gibt es ebenfalls ein Restaurant, einen Pool und *juhu* Internet. Bei über 40C am Nachmittag bietet der Pool eine willkommene Abkühlung und wir nutzen ihn ausgiebigst. Die Lodge ist direkt neben den Wasserfällen, die man auch gut auf eigene Faust erkunden kann. Ein kleiner Wermutstropfen – hier versucht natürlich auch jeder von dem Tourismus zu profitieren – und so stehen dann auch überall Schilder, die Eintritt fordern, wenn man zum „View Point“ möchte (an die N$ 50, was für diese Gegend ganz schön teuer ist). Dann geht man halt woanders lang.

Von Epupa bis zur Van Zyls Pass Camp Site, sind es nur 140km – aber hier im Norden Namibias kann jeder Kilometer seine eigene Herausforderung sein.  Die ersten 70km bis Okangwati sind wunderbar in Schuss – im Ort gibt es einen Air Strip, eine MediClinic und eine „Tanke“, bei der man Sprit aus Fässern kaufen kann. Davon lassen wir aber lieber die Finger. Und dann beginnt das richtige Off-Road Abenteuer – gut, dass es hier noch eine Geschwindigkeitsbegrenzung mit 80km/h gibt – wir sind froh, wenn wir überhaupt 20 km/h fahren können. Vier Stunden brauchen wir für die Gesamtstrecke. Während wir unser Camp aufbauen, kommen Ziegen und Esel zu Besuch – abends gibt es dann ein „Braai“ und Wein unter dem blitzenden und funkelnden Sternenhimmel.

Der holländischen Abenteurer Van Zyls hat in den 1920ern als erster den Pass überquert …mit einem Ford Model T und einigen Hundert Himba-Helfern. Der Expeditionstrupp muss ja Monate unterwegs gewesen sein! Im August 2010 befand die Süddeutsche Zeitung, dass der Van Zyls Pass zu den gefährlichsten Straßen der Welt zählt neben dem Russian Federal Highway und dem Passo del Stelio in Italien. Aber wir sind absolut guter Dinge. Die Camp Site liegt auf einer Höhe von 950m und der Pass windet sich 10km runter in das traumhaft schöne Marienflusstal. Aus gutem Grund sollte der Pass nur von Ost nach West befahren werden – denn da ist kein Platz für Gegenverkehr.  Felsen, große Steine, Schotter – das ist wirklich nur etwas für Autos mit guter Bodenfreiheit und sehr erfahrenen Fahrern. Unsere besondere Herausforderung waren der Hänger und  der hohe Schwerpunkt vom „Heinrich“ . Die Schlüsselstellen kommen aber relativ zum Schluss: erst ist es felsig und steil und dann ist der Pass an der schmalsten Stelle seitlich abschüssig. Wir hatten einen sehr guten und geduldigen Einweiser, während wir anderen Steine geschleppt haben und die „Straße“ an bestimmten Stellen fahrtauglich gemacht haben. Nach 4.5 Stunden sind wir glücklich unten angekommen. Jetzt gibt es erst einmal ein Stamperl Apfelrum. Puh! Wir fahren noch 60 km bis zum Camp Syncro am Kunene – Richtung Norden also durch das Marienflusstal. Wir sehen einiges an Feenkreisen – kreisförmige Kahlstellen inmitten von Grasland – aber keine Elefanten.

Wir gönnen uns zwei Tage und brechen dann auf nach Puros, an der „Rooi Drum“ vorbei, über den Jan Joubert Memorial Pass und durch das Hoarusib Riverbed *deepsand* – die Strecke hatten wir eindeutig unterschätzt. Nach acht Stunden kommen wir in Puros an und schlagen unser Camp auf der Community Camp Site auf. Auch bei einer Pirschfahrt durch das Puros Canyon am nächsten Tag  sehen wir keine Elefanten  – das ist uns erst auf  der Palmwag Camp Site vergönnt: Camp Site #13, ganz am Ende von dem Camping Platz. Da stehen nun der „Heinrich“, unser Fortuna und zwei Zelte. Dazwischen ein Busch. Und dann kommt er daher, der Elefant, nachts um 22:00. Zwischen den Zelten durch, schnüffelt an dem Rotwein-Korken auf dem Tisch und frisst die zarten Blätter von dem Busch. Dann geht er ganz vorsichtig zwischen Tisch und Stühlen hindurch und verschwindet in der Dunkelheit.

Von Palmwag aus geht es weiter nach Twyfelfontein. Die Community Camp Site ist eine Katastrophe mit mega-gelangweiltem Personal. Egal, für die eine Nacht tut es das.  Nachmittags fahren wir zu der Twyfelfontein Lodge – hier gibt es Espresso und Internet. Zu den Felsgravuren schaffen wir es nicht mehr, weil es nämlich anfängt richtig heftig zu regnen. Die Führung am nächsten Tag dauert circa eine Stunde. Genau datieren kann man die Gravuren leider nicht – sie sind zwischen 2000 und 6000 Jahre alt. Erstaunlich ist, dass es hier auch Gravuren von Robben und Pinguinen gibt.

Weiter geht’s zu unserer letzten Station, dem Camping Platz an der Spitzkuppe, bevor es zurück nach Windhoek geht. Die Spitzkoppe ist ein nationales Denkmal und wird auch gern als „Matterhorn Namibias“ bezeichnet. Der Camping Platz ist ein absoluter Traum und wir genießen unseren letzten Abend vor dieser wunderschönen Kulisse.

Also Leute, wenn ihr den Norden Namibias befahren wollt, macht es, das ist ein Abenteuer, wie es im Buche steht. Bereitet euch gut vor und überlegt genau, was ihr an Vorräten braucht und wie viel Sprit. Fahrt nicht alleine – mindestens mit zwei Fahrzeugen. Wir haben keinen unserer beiden Reservereifen gebraucht, aber unser Dachgepäckträger  ist an fünf Stellen gebrochen. Da hatten wir Glück, dass er uns nicht an irgendeiner Stelle „überholt“ hat. Unser Trip war einfach  mega-genial, da steckt aber auch viel Vorbereitung drin. Enjoy, but do your homework!