Wer schon mal in Simon’s Town war und am Hafen entlang geschlendert ist, hat auch sicherlich die Statue der Deutschen Dogge „Just Nuisance“ am Jubilee Square gesehen und auch fotografiert. „Just Nuisance“ diente von 1939 bis 1944 in der Royal Navy als Bordhund auf der HMS Afrikander. Kein Schmarrn – der Rüde war tatsächlich als Vollmatrose bei der Royal Navy eingeschrieben und hatte somit auch seine eigene Uniform, nämlich eine Matrosenmütze und ein „offizielles“ Halsband. Nicht zu vergessen, ein Bunkbett und Essensrationen. Am 01.04.1937 in Rondebosch geboren, zog er dann mit seinem Herrchen Benjamin Chaney nach Simon’s Town, wo er sich schnell mit den dort stationierten Matrosen anfreundete. Allerdings hat er oft auch einfach irgendwo im „Weg“ geflackt, was ihm auch den Spitznamen „Nuisance“ (lästig) einbrachte. Die Matrosen liebten das Riesenvieh und Nuisance sorgte nicht nur für seelische und moralische Unterstützung, sondern ist mit seinen Kameraden auch oft im Zug nach Kapstadt auf Kneipentour gefahren, was den Zugbegleitern allerdings ein Dorn im Auge war. Ein Hund ohne Fahrkarte – geht ja gar nicht. Letztendlich hat die Bahn ein Ultimatum gestellt: irgendjemand zahlt die Fahrkarte oder der Hund wird eingeschläfert. Lange Rede, kurzer Sinn: der Hund wurde in der Royal Navy eingeschrieben. Und nachdem er ja nicht einfach nur „Nuisance“ heißen konnte, sondern auch einen Vornamen brauchte, wurde er zu „Just Nuisance“. Aber wie der Name schon vermuten lässt, war seine Akte alles andere als vorbildlich. AWOL – absent without leave – also zwischendrin den Dienst geschwänzt, in einem Offiziersbett geschlafen und Vorräte aus der Küche geklaut usw. Man, man, man – was für ein Schlitzohr! Und ein Pilot hat ihn auch mal heimlich auf einen Aufklärungsflug über die False Bay mitgenommen. Das muss man sich mal vorstellen, die Dogge im Cockpit! Leider hatte er dann aufgrund eines Autounfalls Lähmungen und eine Thrombose und wurde letztendlich auf Anraten des Tierarztes am 01.04.1944 eingeschläfert. Nuisance wurde mit vollen militärischen Ehren auf „Red Hill“ beerdigt. Und Simon’s Town feiert seinen Helden heute noch: jedes Jahr findet um den 01. April ein „Birthday Event“ statt mit „Paw Walk“, der Navy Kapelle und Festlichkeiten am Jubilee Square. Das kleine Museum von Simon’t Town hat dem vierbeinigen Helden gleich einen ganzen Raum gewidmet. Letztes Jahr hat doch glatt irgendjemand die Mütze und das Halsband von dem Denkmal, das seit 1985 den Platz ziert, geklaut. Trotz einer ausgesetzten Belohnung von R 5000 blieben beide Requisiten verschwunden. Eine Hundefutterfirma hat dann die Neuanfertigung gesponsort und heute steht er wieder in vollem Glanz da, der Nuisance.
Just Nuisance war zwar der einzige Hund, der jemals in der Royal Navy diente, aber tierische Kameraden gab es auch in der südafrikanischen Armee. Da war zum Beispiel Corporal Jackie, das Maskottchen vom 3. Transvaal Regiment während des ersten Weltkrieges. Ein Pavian, der nicht nur mit einer Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet, sondern auch vom Gefreiten zum Unteroffizier befördert wurde. Bärenpaviane zählen zu den größten Affenarten: Männchen können über einen Meter groß werden und gut 45kg auf die Waage bringen. Soll heißen: mit denen möchte man sich nicht anlegen, vor allen Dingen nicht, wenn man die Eckzähne betrachtet. Nun ja, Paviane sind Gruppentiere, um so erstaunlicher ist es, dass Jackie um 1910 rum als Einzeltier auf der Familien-Farm der Marrs entdeckt wurde. Albert Marr nahm den Pavian mit nach Hause, zähmte ihn und machte ihn mehr oder weniger zum Familienmitglied. Als Marr 1915 eingezogen wurde, nahm er Jackie einfach mit. Der Affe war so gut erzogen, dass alle schnell einen Narren an ihm gefressen hatten. Er wurde das offizielle Maskottchen des Regiments, bekam den Rang eines Gefreiten, eine eigene Uniform, Mütze und Besoldung. Jackie lernte zu salutieren, mit Besteck zu essen und zu marschieren. Albert und Jackie waren zunächst in Ägypten stationiert bevor sie nach Frankreich versetzt wurden. Die beiden schoben oft Nachtwache, denn aufgrund seines hervorragenden Gehörs und seiner Nachtsehfähigkeit konnte Jackie die Kameraden oft vor herannahenden Feinden warnen. Drei Jahre lang waren sie in Frankreich stationiert und blieben unverwundet, bis zur Schlacht von Passchendaele im Jahr 1917. Eine explodierende Granate hat Jackie schwere Verletzungen an Arm und Bein zugefügt, das Bein musste dann amputiert werden. Jackie wurde mit der Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet und zum Unteroffizier befördert. Daraufhin wurden Jackie und Albert nach London geschickt, wo sie in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz Spenden für kranke und verwundete Soldaten sammelten. Nach Kriegsende kehrten sie nach Südafrika zurück. Aber der Krieg hatte seine Spuren hinterlassen: beide litten an posttraumatischen Störungen. Jackie zum Beispiel hatte Angst vor Donner und verstarb dann auch leider 1921 an einer Herzattacke während eines besonders heftigen Gewitters.
Bild „Corporal Jackie“ public domain; Quelle
Und dann gab es noch Nancy, die Springbokdame. Das Maskottchen des 4. südafrikanischen Infanterie Regiments, oder anders: des schottischen Regiments im Transvaal. Und es hätte ja auch kein passenderes Maskottchen geben können, denn das Emblem des Regiments wird auch von einem Springbok geziert mit dem Spruch „Union is Strength“. Doch nun von Anfang an. Nancy war das vielgeliebte Haustier der Kennedy Familie auf der Vierfontein-Farm im Orange Free State. Frau Kennedy fühlte sich dann bemüßigt an General Lukin zu schreiben und ihm Nancy als Maskottchen anzubieten, um für die Soldaten die Erinnerungen an Südafrika wachzuhalten. Gesagt, getan und Nancy trat 1915 ihren Militärdienst an. Der Gefreite Petersen trainierte sie dann sechs Monate lang und brachte ihr bei, auf Signale und Regimentsrufe zu reagieren und ordentlich zu „tänzeln“ bei offiziellen Zeremonien. Das Regiment wurde in Ägypten stationiert und … Nancy verschwand. Drei Tage – AWOL. Das Regiment vermutete schon, dass das Tier irgendwo zum „Abendessen“ eingeladen worden war. Dudelsackspieler wurden ausgeschickt, in der Hoffnung, dass Nancy auf die bekannten Töne und Melodien reagiert. Und tatsächlich: die Springbokdame tauchte wieder auf, als ob nichts geschehen wäre. Nach dem Ägypten-Abenteuer wurde das Regiment nach Armentieres in Frankreich entsandt. Eine explodierende Granate erschreckte das arme Tier derart, dass sie mit dem Kopf gegen die Wand rannte und das linke Horn brach. Die Ärzte wussten sich keinen Rat und so wurde die Kriegsverletzung zu ihrem Markenzeichen. Nancy verstarb 1918 an einer Lungenentzündung und heute ist das ausgestopfte Tier im Militärmuseum in Johannesburg zu bewundern.
Mehr zu Nancy gibt es hier hier.
Auf Youtube gibt es zig Geschichten über tierische Helden und Maskottchen beim Militär. Eine sei hier noch kurz erwähnt – hat zwar nix mit Südafrika zu tun – war aber die Inspiration für eines meiner Lieblingskinderbücher. Auch erster Weltkrieg. Der kanadische Leutnant Harry Coleburn ist auf dem Weg ins Lager des kanadischen Veterinärkorps, trifft auf einen Jäger und kauft diesem einen jungen Schwarzbären ab (weil der Jäger die Bärenmama erschossen hatte). Er nennt den kleinen Kerl „Winnie“ nach seiner neuen Heimatstadt Winnipeg. Coleburn wird nach England versetzt und dann nach Frankreich. Nachdem er Winnie nicht an die Front nach Frankreich mitnehmen kann, findet der Bär ein neues Zuhause im Londoner Zoo. Tja, und wie es der Zufall eben so will: der Schriftsteller Alan Alexander Milne und sein Sohn Christopher Robin kommen oft zu Besuch. Und das war dann die Inspiration für „Winnie the Pooh“ und „The House At Pooh Corner“. Es gibt übrigens auch einen Film „A Bear Named Winnie“ aus dem Jahr 2004 mit Stephen Fry und Michael Fassbender.