Fernab von der viel befahrenen Garden Route schlängelt sich die malerische Route #62 durch die Kleine Karoo – so ganz grob von Montagu am äußeren Ende der Winelands bis hin nach Oudtshoorn, dem Straußenzuchtgebiet. Eine Strecke von rund 240km. Große Weiten, grüne Täler und vor allen Dingen diese grandiosen Gebirgspässe. Zwischendrin immer wieder idyllische Örtchen mit Übernachtungsmöglichkeiten und Restaurants. Wir kommen aus dem Northern Cape und fahren die Strecke von Prince Albert über Gamkaskloof, Oudtshoorn und Montagu bis nach Kapstadt.

In Prince Albert entscheiden wir uns für die „Bushman Valley“ Campsite, ca. 5km außerhalb, in Richtung Swartberg Pass. Nachmittags erkunden wir den Ort, unter anderem auch das „Fransie Pienaar Museum“, das nicht nur als „Tourist Information Office“ dient, sondern auch eine beachtliche Kollektion von Fossilien hat. Prince Albert ist insgesamt ein hübsches Städtchen mit Galerien, Cafés und Restaurants. Nice. Besonders gut gefällt mir die „Dustbin Art Gallery“ entlang der Hauptstraße – die Mülltonnen wurden 2012 installiert, um das 250-jährige Bestehen des Ortes zu feiern. Lokale Künstler und Schulkinder durften ihrer Kreativität freien Lauf lassen.  

Glücklicherweise können wir unseren Trailer die nächsten zwei Tage auf dem Camping Platz stehen lassen und dann machen wir uns auf in die Gamkaskloof. Der einzige Weg dorthin führt über den 1888 fertiggestellten und mehr als spektakulären Swartberg Pass. Konzipiert von Thomas Bain erhebt sich der Pass bis knapp 1580m über den Meeresspiegel und steigt (von Prince Albert aus) innerhalb von 12km auf 1000m. Hatte ich schon die Haarnadelkurven erwähnt und diese unglaubliche Aussicht?

Ungefähr drei Kilometer vor dem höchsten Punkt befindet sich der Abzweig zur Gamkaskloof. Dieses Tal heißt nicht umsonst „Di Hel“ (die Hölle) – die Straße ist nicht ohne und schlängelt sich über knapp 60km hinunter in das ca. 0.5 km breite Tal. Vor ungefähr 200 Jahren haben Siedler sich hier niedergelassen und lebten relativ abgeschnitten von der Außenwelt, bis die Zufahrtsstraße Anfang der 1960er Jahre fertig gestellt wurde. Heute gibt es hier zwei Farmen, Boplaas und Kleinberg, deren Besitzer die alten Häuschen mit viel Liebe für Übernachtungsgäste hergerichtet haben (inkl. warmen Wasser und Solarleuchten). Am nächsten Tag planen wir, die „Ladder“ hinaufzusteigen – früher die einzige Möglichkeit für Inspektoren ins Tal hinabzusteigen und sich ein Bild vor Ort zu verschaffen (sprich Steuern einzutreiben).

Der Weg ist so steil, dass damals noch nicht mal Maultiere hier rauf oder runter gegangen sind. Mir ist nicht so ganz wohl – überall rutschendes Geröll. Oben angekommen ist der Blick einmalig, atemberaubend und wunderschön. Das hat sich definitiv gelohnt. Allerdings braut sich auch ein Gewitter zusammen, unschwer erkennbar an den schwarzen Wolken, die sich am Horizont türmen. Wir machen uns auf den Weg nach unten und natürlich kommt es so, wie es kommen soll. Das Geröll rutscht, mir zieht es die Füße weg und ich knalle derart auf den Hintern, dass sich Philipp für den restlichen Weg nach unten mein Gefluche anhören muss. Zwischenzeitlich hat es angefangen zu regnen. Endlich am Auto angekommen, sind wir völlig durchnässt…aber ja, cool war es schon!

Mittlerweile wurde der Swartberg Pass bis nach Oudtshoorn aufgrund des Regens leider gesperrt. Es ist Mai und die Nächte werden empfindlich kühler, also beschließen wir, auf dem Weg nach Kapstadt nicht mehr zu Campen und uns lieber passende Unterkünfte zu suchen. Wir finden etwas in Oudtshoorn, parken auf dem hellerleuchteten Parkplatz vor dem Eingang und gehen abends zum Essen. Am nächsten Tag dann das böse Erwachen: uns ist der Trailer ausgeräumt worden. Da hatten wir wohl nicht richtig zugesperrt. Das Gepäck war auf dem Zimmer und die Werkzeugkiste glücklicherweise im Auto, aber das Medikit und alle Essenvorräte sind weg. Anfängerfehler – dumm gelaufen.

Montagu ist unser letzter Stopp, bevor es für uns zurückgeht nach Kapstadt. Auf dem Weg dorthin müssen wir natürlich bei „Ronnie’s Sex Shop“ halten – eine Institution auf der Route 62. Nachdem Ronnie mit seinem kleinen Laden „Ronnie’s Shop“ nicht wirklich erfolgreich war, beschlossen seine Freunde (angeblich) einfach „Sex“ da drüber zu pinseln…und seitdem läuft die Laube. Eine urige Kneipe mit Bier, Kaffee und kleinen Snacks. Und Montagu ist so ein kleines Schmuckstück – ein überschaubarer Ort mit ca. 15.000 Einwohnern. In der näheren Umgebung kann man klettern, golfen oder natürlich eine Weinprobe machen. Wir machen stattdessen die historische „Walking Tour“ und gehen dann gemütlich zum Essen…in das einzige Lokal, das an dem Abend geöffnet ist. Glück gehabt.

Fazit: die Route 62 lohnt sich definitiv. Spektakuläre Landschaften, Gebirgspässe und große Weiten. Und vor allen Dingen, nicht so befahren wie die Garden Route.